MOSS. Welch ein Herrenhaus! Imposanter Bau, großer Garten und am Fuße liegt der Fjord. F15 in Moss außerhalb von Oslo ist mittlerweile Galerie und auch dieses Jahr wieder einer der Ausstellungsorte der Momentum Biennale. „Imagine Being Here Now“ lautet das diesjährige selbstgegebene Thema des fünfköpfigen Kuratorenteams.
Nun war ich also dort und musste es mir nicht nur vorstellen. Der Ausstellung war anzusehen, dass es eine große Kuratorengruppe mit unterschiedlichen Hintergründen und unterschiedlichen Ansätzen war und das diese sich zum Teil zuvor noch gar nicht gekannt hatten, vermisst wurde ein erkennbarer Zusammenhang zwischen den ausgestellten Werken. Die waren in der zweiten Örtlichkeit zudem wie in einer Messe präsentiert – nur das statt jeder Galerie eben jeder Künstler eine eigene Koje bekommen hatte. Der Reiz des Ausstellungsdesigns von Øystein Aasan war beim Besuch der Schau schwer zu erkennen, ein Blick auf seine Skizzen war da hilfreicher.
Draußen vor der Verandatür von F15 hatte Wooloo aus Kopenhagen ihr Werk präsentiert oder eben auch nicht. Denn die Künstler wollten, dass das Gras vor dem Haus bis zur nächsten Biennale (also zwei Jahre lang) nicht mehr geschnitten wird. Das aber war den Verantwortlichen in Moss zu unordentlich. Auch auf den Kompromiss, für den Dauer der Biennale (also Juni bis Oktober) auf das Mähen zu verzichten, wollten sie sich nicht einlassen. Jeden Freitag muss die Wiese von F15 gemäht werden. Wie gehabt. Also stellten Wooloo nur ein Schild auf, auf dem sie Idee und Problematik beschrieben. Eines der interessantesten Werke der diesjährigen Momentum Biennale, geht es doch ganz konkret ohne expliziten theoretischen Ballast um die Nutzung des öffentlichen Raumes und die Offenheit für Kunst.
Bettina Camilla Vestergaard überzeugte durch eine Fotoarbeit, die einer kurzen Erklärung bedurfte, um wirklich entsprechend wertgeschätzt zu werden. In ihrer Koje hängen Fotos von Kairo und kurze Zitate. Sie ließ sich von Leuten, die sie in Kairo traf ihren Lieblingsort in der Stadt beschreiben und fotografierte diesen. Es entstand ein Portfolio mit „Geheimtipps“ jenseits der klassischen Touristenbroschüren und -führer. Nur ein Bild bleibt kommentarlos. Auch Ahmed Bassiony hatte ihr seinen Lieblingsplatz beschrieben – Leute waren ihm am Liebsten. Bassiony starb während der Proteste gegen die ägyptische Regierung im Februar 2011. Wie sein Fotoage, das im ägyptischen Pavillon auf der diesjährigen Venedig Biennale gezeigt wurde, ein Mahnmal und Denkmal zugleich – an die Revolution in Ägypten, die Menschen und natürlich den Künstler (oder sagen wir gleich noch: die Künstler und die Künste). Beides verbindet zudem, dass durch den tragischen Tod noch mehr Bedeutung hinzu kam.
Zwei Arbeiten jedenfalls bleiben aus Moss in Erinnerung. Für das nächste Mal Momentum wäre eine klarere Linie wünschenswert und vielleicht ein Verzicht darauf, krampfhaft fünf Kuratoren (aus jedem nordischen Land einen) zusammenzubringen, die wohl so gut gar nicht zusammen passen.