Dänische Alternativen für Deutschland


Rechte Sprüche bei den Sozialdemokraten - Dänisches Wahlplakat 2015. (Foto: Bomsdorf)
Rechte Sprüche bei den Sozialdemokraten – Dänisches Wahlplakat 2015. (Foto: Bomsdorf)

BERLIN. Rechtspopulistische Parteien sind keine Neuheit in nationalen Parlamenten. In Dänemark sitzt die Dansk Folkepartei (DF), die Dänische Volkspartei, schon seit fast 20 Jahren im Folketinget.

Das muss man erstmal schaffen: Parteigründung 1995, erstmals ins Parlament eingezogen 1998 – und in der Opposition de facto Regierungsmacht 2001 bis 2011 sowie seit 2015. Die Dänische Volkspartei ist seit langem ein bedeutender Faktor in der dänischen Politik – sehr zum Schaden vor allem der Sozialdemokraten. „Die DF hat ihnen Themen weggenommen. Seit sie aber bereit sind, auch strammere Integrations- und Flüchtlingspolitik zu diskutieren, stabilisiert sich die Lage der Sozialdemokraten“, urteilt Kasper Hansen, Professor für Politikwissenschaft an der Uni Kopenhagen.

Die DF ist auch so stark geworden, weil die klassischen Parteien lange nicht über Herausforderungen der Migration reden wollten und es versäumt haben, ihre eigenen Lösungsvorschläge zu präsentieren. Nun treibt die Partei Sozialdemokraten wie Konservative vor sich her.

Aus dem Erfolg der Rechten in Dänemark kann gelernt werden. Vor allem, dass Wähler nicht technokratisch von oben herab behandelt werden wollen, dass sie und nicht nur die Politik Agenda setting betreiben wollen und dass es nicht viel nutzt, irgendwann auf einmal die harte Linie der Rechten quasi zu kopieren. Was der langanhaltende und fast stetig größer werdende Erfolg der Dänischen Volkspartei über den Umgang mit der AfD und deren Wählerpotenzial lehren kann, habe ich in einem längeren Beitrag für „Internationale Politik und Gesellschaft“ erläutert. Online hier zu lesen. Ein früherer Blogbeitrag zum Thema mit einem Hinweis auf einen Artikel von mir in der Internationalen Politik steht hier, ein weiterer hier.

Petry Nordisch oder Völkisch auf Dänisch


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Aktuelle Ausgabe der IP: Die Anti-Internationale (Foto: DGAP)

KOPENHAGEN. Ein kurzes Assoziationsspiel in 2 Schritten:

1. völkisch? – Völkischen Beobachter!

2. Völkischen Beobachter? – Nationalsozialismus!

Seit AfD-Chefin Frauke Petry im Interview mit der Welt am Sonntag gesagt hat, sie wolle den Begriff „völkisch“ wieder positiver besetzen, gilt womöglich auch ein weiterer Schritt in der Assoziationskette, nämlich „völkisch? – Frauke Petry!“.

Fast jeder, der in Deutschland zur Schule gegangen ist, dürfte das Wort aus dem Namen des „Kampfblattes der nationalsozialistischen Bewegung Großdeutschlands“ (so der Untertitel des „Völkischen Beobachters„) kennen.

„Völkisch“ steht im Deutschen üblicherweise „für die Ausgrenzung von jedem, der nicht hier geboren wurde“ so Kai Biermann in der Zeit, man könnte auch sagen für eine Ablehnung von allem was als undeutsch angesehen wird, als nicht mit dem angeblich vorhandenen Volkswillen vereinbar.  Was wiederum schnell zur Populismus-Definition von Jan-Werner Müller führt und dem diese innwohnende „Vorstellung eines moralisch reinen Volkskörpers„.

Kurzer Schwenk gen Norden, nach Dänemark. Dort gibt es die Dansk Folkeparti (DF, Dänische Volkspartei), die ähnlich wie die AfD mancherorts, bei der Parlamentswahl im ganzen Land zweitstärkste Partei wurde.

„Völkischen Einfluss gibt es nur in Nationalstaaten, wo das Volk eine natürliche Zusammengehörigkeit fühlt“: So begründet die Dänische Volkspartei ganz offen auf ihrer Homepage ihre kritische Haltung zur EU. Natürlich muss hier angemerkt werden, dass das dänische „folkelig“ verständlicherweise nicht die selben Assoziationen erweckt wie in Deutschland „völkisch“, doch ist es hier was Müllers Populismus Definition und Biermanns Worte angeht genauso gemeint, also abgrenzend gegenüber jenen, die nicht im Lande geboren sind und letztlich egal wie lange sie auch in Dänemark sind und ob sie den dänischen Pass haben, nie zum dänischen Volk gehören werden (was Rassismus zumindest sehr nahe kommt).

Obwohl nicht nur zweitstärkste Fraktion im Parlament, sondern auch größte Partei rechts der Mitte, weigert DF sich, Regierungsverantwortung zu übernehmen und treibt stattdessen die bürgerliche Minderheitsregierung vor sich her. Die Verschärfung des Asylrechts in Dänemark wäre ohne den Druck von rechts wohl kaum so strikt ausgefallen. Auch hätte die liberal-konservative Regierung, allen voran Integrationsministerin Inger Støjberg, wohl kaum so stark gegen Ausländer polemisiert wie zuletzt. Schon warnt Justizminister Søren Pind, selbst gelegentlich ein Scharfmacher, vor Parallelen zu den 1930ern – „auf ganz andere Weise, aber es ist einfach der gleiche Zorn, die gleiche Ohnmacht und es sind die gleichen Reaktionen“, sagte er im März 2016 im Interview mit der Zeitung Politiken. Was wird erst geschehen, wenn die Dänische Volkspartei einmal alleine an die Macht kommen wird?

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Das neue Buch der Weltreporter. (Foto: Random House)

Der Blick gen Dänemark zeigt, welches Potential die Rechte hat, wenn sie bürgerlich auftritt und Dänemark zeigt auch, mit welch Ausgrenzung – rhetorischer und realer – selbst EU-Bürger konfrontiert werden können.

Ein Teil des obigen Textes erschien zuerst im von mir koordinierten Beitrag zum Weltreporter-Buch „Die Flüchtlingsrevolution“, mehr zu lesen gibt es auch in meinem Text in der Internationalen Politik, der Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (online steht nur die gekürzte englische Version).

Ist Europa Wurst?


BERLIN. Vor ein paar Wochen interviewte ich in Kopenhagen Conchita Wurst. Es war der erste Mai und damals trauten ihr zwar viele zu in das ESC Finale einzuziehen, aber die Buchmacher hatten andere Favoriten für den Sieg beim Eurovision Song Contest. Dann kam alles anders. (Vielleicht hätte das schon abgelesen werden können an dem Erfolg, den mein Video von ihr im Netz hatte.)


Der Sieg von Conchita Wurst wurde als Sieg der Toleranz gefeiert. Das ist jetzt ein paar Wochen her und gestern siegten bei der Europawahl in vielen Ländern Parteien, die gegenüber sexuellen Minderheiten oder Auslaendern wenig tolerant sind. Dänemark gehört zu jenen Landern, in denen die Rechtspopulisten am meisten Stimmen bekamen. Allerdings unterscheiden sich die Rechtspopulisten in Europa mindestens so sehr voneinander wie die Sozial- oder Christdemokraten. Die dänische Volkspartei etwa mag nicht Stimmung gegen Homosexuelle machen. Uber diese und andere Unterschiede wird heute abend an der Humboldt Universität diskutiert.

Ende einer Ära


KOPENHAGEN. Pia Kjærsgaard hört auf. Die dänische Politikerin will nicht länger Vorsitzende der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei (Dansk Folkeparti, DF) sein. Keine andere dänische Partei und wenig andere in Europa ist so lange so sehr eins mit der Parteispitze wie die DF. 17 Jahre lang war Kjærsgaard Parteichefin. Sie ist der personifizierte Aufstieg der rechten Partei, hat sie an die Macht gebracht. Formell war die DF nicht an der Regierung beteiligt, doch in den Jahren der konservativ-liberalen Minderheitsregierung, die sich auf DF stützte, hat sie dieser einen rechten Stempel aufdrücken können und Dänemark auch im Ausland bekannt für strikte Ausländerpolitik gemacht.

Seit die Sozialdemokraten unter Helle Thorning-Schmidt die Macht übernahmen, ist es um DF recht ruhig geworden, denn diese wurde nicht mehr als Königsmacher gebraucht. Zuletzt erregte die Partei national und international viel Aufsehen mit der Wiedereinführung von Grenzkontrollen (hier dazu einer meiner Berichte von Die Welt damals zu den fraglichen Effekten und hier ein etwas breiter angelegter und zur auch von der DF angeheizten Diskussion um den dänischen Venedig-Pavillon und die Arbeit des Deutschen Thomas Kilpper).

Bleibt abzuwarten, ob die DF nach Pia Kjærsgaard in der Bedeutungslosigkeit versinkt oder es wie in Frankreich oder auch Norwegen den Nachfolgern der langjährigen Parteichefs gelingt, die Partei stark zu halten.

NACHTRAG: Nun heißt es, sie wolle „værdiordfører“ der DF-Parlamentarier werden, übersetzbar mit „wertpolitische Sprecherin“. Und Werte, dänische Werte, darauf kommt es der DF besonders an. Die grundlegende Linie wird Kjærsgaard wohl also weiter bestimmen.

NACHTRAG 2: Am Tag drauf sind die Internetseiten der dänischen Zeitungen so voll von kritischen Würdigungen Kjærsgaards als sei da gerade die Ministerpräsidentin gestorben.

Dänemark den Dänen?


KOPENHAGEN. Viel ist in den vergangenen zehn Jahren geschrieben worden über den Ruck nach Rechts in Dänemark. Aus der Dänischen Volkspartei (DF – Dansk Folkeparti) kam im vergangenen Jahr der Ruf danach, die Migration auf „westliche Zuwanderung“ zu beschränken – was auch immer das genau heißen mag. Doch wie fühlen sich die westlichen Zuwanderer in Dänemark? Nicht allzuwohl, legt eine Studie von Dagmar Fink nahe. Irini Armouti hat kurz vor Ende des Praktikums darüber in der Welt geschrieben.

Viel Rauch um nichts: Dänische Volkspartei ist allein mit Vulkankommission


Lange nicht mehr ausgebrochen: Vatnajökull im Westen von Island. (Foto: Bomsdorf)

KOPENHAGEN. Nun ist der isländische Vulkanausbruch in der dänischen Innenpolitik angekommen: Kim Christiansen, Verkehrspolitischer Sprecher der rechtspopulistischen (Dansk Folkepari, DF) fordert eine Vulkankommission. Politiker und Experten sollten eine Strategie erarbeiten, um den Konsequenzen dieses und zukünftiger Vulkanausbrüche auf Island zu begegnen. Keine andere, der im Parlament vertretenen Parteien hat sich dem Vorschlag, bisher angeschlossen. Gegen Vulkanausbrüche können wohl nur die Politiker der DF etwas unternehmen, alle anderen akzeptieren force majore und gehen lieber mit anderen Vorschlägen auf Stimmenfang.