Wenn die Blase platzt – heute auf arte

KOPENHAGEN. Großer Vorteil, in einer Hauptstadt mit breitem Kulturangebot zu leben, ist, immer wieder auf Leute zu treffen, die zwar mit Nordeuropa eigentlich nichts am Hut haben, aber für Arbeit und Vergnügen trotzdem interessant sind. Anfang November war der britische Filmemacher Ben Lewis nach Kopenhagen gekommen, um im Rahmen des Dokumentarfilmfestivals CPH:DOX seinen Film „The Great Contemporary Art Bubble“ zu präsentieren.

Aktien, Immobilien, Kunst – die Preise dieser drei Güter waren in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen, dann kam der Absturz, die Blase platzte und die Werte wurden wertloser. Die Staaten griffen den Banken unter die Arme; gerne als Unsummen bezeichnete Summen wurden in die Finanzinstitute gepumpt, um den endgültigen Kollaps aufzuhalten. „Too big to fail“, lautete das Hauptargument. Seither wird ständig von stärkerer Regulierung der Finanzmärkte gesprochen.

„Too big to fail“, sei auch der britische Künstler Damien Hirst. Das sagte jedenfalls Lewis. Nur deshalb sei die große Hirst-Auktion Mitte September 2008 bei Sotheby`s nicht gescheitert. Der YBA-Star habe einfach gute Preise erzielen müssen, sonst wäre das Vertrauen in den Kunstmarkt und natürlich erst recht in Hirst selber zerstört gewesen. Das Vertrauen war kurz zuvor mächtig beschädigt worden, schließlich hatte The Art Newspaper in ihrer September-Ausgabe (online bereits vorab erschienen) berichtet, dass die White Cube Galerie in London etliche Hirsts auf Lager hat, die nicht verkauft werden konnten – mehr als ungewöhnlich für einen Kunststar, der für lange Wartelisten bekannt ist. Finanzkrise + Lagerbestände (und also Überangebot) = Crash – diese Gleichung sollte in Sachen Hirst nicht aufgehen. Und tatsächlich gab es ein unerwartet gutes Ergebnis für die Hirst-Auktion im September 2008.

Lewis will nun, dass über die Bedingungen im Kunstmarkt ebenso nachgedacht wird, wie über die des Finanzmarkts. Es müsse mehr Regeln geben, sagt er. „Die Werke, die verkauft und gekauft werden, sollten registriert werden, ebenso müssten die Garantien, die Auktionshäuser geben, veröffentlicht werden und, wer am Telefon mitbietet“, erläuterte Lewis mir nach dem Film. Den Wirtschaftsjournalisten sind im Zuge der Finanzkrise massive Vorwürfe gemacht worden, die Kunstjournalisten kommen bei Lewis kaum besser weg. Die Berichterstattung müsse unabhängiger werden, fordert er. Bedingung dafür sei, dass die Journalisten besser bezahlt würden und nicht von den Abendessen der Galeristen abhängig seien oder sich durch das Schenken von Kunst gefügig machen ließen.

Lewis selber hat eine andere Variante gewählt, um als Kunstjournalist möglichst unabhängig zu bleiben – er schreibt und filmt auch zu anderen Themen. Wer als Journalist breit aufgestellt ist, ist von niemandem wirklich abhängig. Und wer, Lewis Film „The Great Contemporary Art Bubble“ nicht in Kopenhagen sehen konnte, kann das am 19. November um 22.50 Uhr auf arte nachholen. Eine erweiterte Version gibt es kurz darauf dann im britischen BBC4.

Vielleicht wird in der Version ja klar, warum Lewis sich vom deutschen Star-Künstler Tobias Rehberger (mit dem er auch sonst schon zusammengearbeitet hat) zu Beginn seines Films sein Elektroauto umgestalten lassen muss. Zwar bekommt er das Makeover, wie er sagt, nur unter der Bedingung, es nicht zu verkaufen und damit sind wir wieder beim Thema des Films, aber von einem, der klagt, dass Journalisten Geschenke von Künstlern annehmen würden, hätte man etwas mehr Erklärung erwartet.

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