Mit Stoltenberg sr. ist ein Großer gegangen


Hoffentlich jeder Journalist kann mindestens fünf Leute nennen, die er seit Berufsanfang für die Arbeit getroffen hat und die ihn wirklich beeindruckt haben – nicht wegen ihrer Karriere sondern als Menschen. In meinem Fall ist Stoltenberg einer davon. Eigentlich müsste ich „sind Stoltenbergs zwei“ schreiben. Sowohl der Vater, Thorvald Stoltenberg, als auch der Sohn, Jens Stoltenberg, haben einen bleibenden positiven und in gewisser Weise prägenden Eindruck hinterlassen. Prägend in dem Sinne, als das sie dazu beigetragen haben, dass ich auf manche Dinge in der Welt seit der Begegnung ein klein wenig anders schaue.

Thorvald Stoltenberg, der Senior also, war Diplomat, sozialdemokratischer Politiker und Außen- sowie Verteidigungsminister. Mitte Juli ist er 87-jährig in Oslo gestorben. Die Beerdigung fand erst vor wenigen Tagen statt und was da gesagt wurde, passt so gut zu dem Thorvald Stoltenberg wie ich ihn gut sieben Jahre zuvor erlebt hatte.

„Bei seinem Engagement ging es ihm stets um Menschen und darum, dass alle Menschen gleich viel wert sind“, sagte Arild Knutsen in seiner Ansprache. Was nach Allgemeinplatz klingt, kam bei Stoltenberg wirklich vom Herzen. Er, der „Einwanderer in die Arbeiterbewegung“ (so Hans Christian Gabrielsen, Chef des Gewerkschaftsverbundes LO – Stoltenberg kam aus einer großbürgerlichen Familie) litt lange unter einer Krankheit, die in den besten Familien vorkommen kann, aber aus Scham häufig verschwiegen wird.

Seine jüngste Tochter Nini war drogenkrank, heroinsüchtig, gewesen und unter dieser Krankheit litt natürlich die ganze Familie. Dank Stoltenberg litt sie aber nicht nur, sondern arbeitete sich gemeinsam so gut es ging daraus. Und half vielen anderen, verhalf vielen anderen vor allem zu Respekt – trotz Drogensucht. „Thorvald gab nie auf, und er hat am meisten geleistet, um Scham zu bekämpfen“, so Knutsen in seiner Trauerrede. Er leitet die Norwegische Vereinigung für eine humane Drogenpolitik leitet und war selber einmal abhängig. „Wenn andere sich abwendeten, war er es, der anrief und fragte, wie es einem gehe“, sagte Knutsen dann noch der Zeitung Aftenposten.

„Zur schlimmsten Zeit hatte ich tagsüber Termine in Brüssel und zurück in Oslo lief ich in der Stadt im Drogenmilieu herum, um sie zu finden. Ich wusste einfach nicht, wo sie war. Es geht doch nicht, sich nur um die großen Weltprobleme zu kümmern, aber nicht um die eigenen familiären.“ Mit diesen Worten schilderte Stoltenberg mir im Sommer 2011, wie er sich um seine Tochter gekümmert hatte. Bei aller Erinnerung an die Verzweiflung strahlte er dabei diese väterliche Wärme und Empathie aus, die man wohl nur dann bei Menschen spürt, die einem eigentlich nicht nahe stehen, wenn sie davon wirklich unglaublich viel haben und geben können. Der Anlass für das Interview in seiner Wohnung hinterm Schloss war ein sehr trauriger: Das Attentat vom 22. Juli 2011 bei dem der norwegische Mörder Anders Behring Breivik 77 Menschen, die meisten von ihnen jugendliche Sozialdemokraten, getötet hatte.

Stoltenberg hatte diese Gabe und natürlich stand er nicht nur seiner jüngsten Tochter nahe, sondern auch den anderen Kindern. Die ältere Tochter war dagegen gewesen, die Abhängigkeit der anderen in einem Buch publik zu machen, hat das aber revidiert, wie sie auf der Beerdigung schilderte. Und Jens? Der ist dem Vater wohl am meisten gefolgt, zumindest beruflich. Auch er wurde Minister, sogar Regierungschef und ist nun NATO-Generalsekretär.

Auch er schilderte seinen Vater sehr sympathisch – und humorvoll. „Thorvald war ein Gluckendster. Wir haben jeden Tag telefoniert“, so der internationale Spitzendiplomat. „Man ging es um die Welt, andere Male ums Wetter – oder darum, ob im Rauchalarm bei mir zu Hause Batterien waren.“ Sein Vater habe es an seiner Stimme erkannt, ob es ihm wirklich so gut ging, wie er sagte. „Wenn ich einen schlechten Arbeitstage hatte, musste ich erklären, was schiefgelaufen war, und dann hat er mich getröstet. Auch ein NATO-Generalsekretär braucht Trost vom Papa“, so Stoltenberg junior.

Jens Stoltenberg habe ich öfter erlebt als den Vater, wenn auch nur in kleineren Gesprächsrunden, nie aber wie den Vater eine längere Zeit lang alleine. Als das Attentat vom 22. Juli Norwegen traf, war Stoltenberg Premierminister. So schrecklich diese Tat war, so glücklich kann sich das Land schätzen, gerade ihn damals zum Regierungschef gehabt zu haben.

Es fiel in Stoltenbergs zweite Amtsperiode als Ministerpräsident. An dem Tag suchte der Terror Norwegen, bis dahin seit dem Ende des zweiten Weltkriegs ein Land ohne derartige Gewalt, heim. Dieses grauenhafte Ereignis war ein riesiger Schock für die kleine Nation. Wie Stoltenberg damit umgegangen ist und wie es ihm gelungen ist, die Nation in Trauer und in ihrem Wunsch nach vorne zu blicken, zu sammeln, hat seine Stärken deutlich gemacht.

Er fand die richtigen Worte, war in den Tagen nach dem Anschlag nicht nur Spitzenpolitiker, sondern einende Kraft. Gleichzeitig machte er klar, dass die offene Gesellschaft sich nicht ihren Feinden ergeben dürfe. „Unsere Antwort ist mehr Demokratie, mehr Offenheit, aber nicht mehr Naivität“, kündigte er an.

Auch politische Gegner zollen ihm höchsten Respekt. „Er hat die Nation durch diese schmerzhaften Tage gelotst mit einer Stärke, Wärme und Sicherheit, die wir nur bewundern können und für die wir dankbar sein müssen“, schrieb die Wirtschaftszeitung „Dagens Næringsliv“, sonst kein Freund der mitte-links Regierung. Stoltenberg, den die Norweger dreimal zum Ministerpräsidenten gewählt hatten, war in der Tragödie endgültig zum Landesvater geworden, weil er keine Angst davor hatte, zu zeigen, dass auch er mit den Tränen kämpfte. Wenn es keine Worte mehr gab, griff er zu kräftigen, langen Umarmungen. Er verhielt sich so, wie sich ein jeder seinen eigenen Vater wünscht, zeigte Gefühl, Mitgefühl und einen Ausweg und nahm damit jedem etwas von seiner Last. Es dürfte in der Familie liegen.

 

Pressefreiheit – Norden mal wieder oben, aber was ist mit Dänemark geschehen?


Reporter ohne Grenzen hat das jährliche Ranking über die Pressefreiheit in der Welt veröffentlicht. In der Tendenz sieht es nicht gut aus. „Immer mehr Hetze gegen Journalisten in Europa“, so die Überschrift der entsprechenden Meldung der deutschen Sektion.

Pressefreiheitsindex 2018 (Screenshot Reporter ohne Grenzen).
Pressefreiheitsindex 2018 (Screenshot Reporter ohne Grenzen).

Am besten sieht es wieder einmal im Norden des Kontinents aus. Norwegen und Schweden toppen das Ranking auch 2018, Finnland wird von den stark aufsteigenden Niederlanden auf Platz vier verdrängt. Dänemark fällt stark ab – warum habe ich Reporter ohne Grenzen soeben gefragt und hoffe, bald drüber schreiben zu können. Deutschland liegt mit Platz fünfzehn noch weiter hinten.

Ältere, aber durchaus noch aktuelle Artikel von mir zum Thema gibt es hier bei MMM von Verdi (vom März 2018) und hier beim European Journalism Observatory (aus 2016).

Kein Profit mit Nuklearwaffen – NGO lobt norwegischen Ölfonds


PAX und ICAN bitten: "Don't Bank on the Bomb". Der norwegische Ölfonds macht's vor. (Bild: Pax)
PAX und ICAN bitten: „Don’t Bank on the Bomb“. Der norwegische Ölfonds macht’s vor. (Bild: Pax)

Nachhaltiges Investieren ist in letzter Zeit ein großes Thema geworden. Dabei geht es nicht nur um ökologische Kriterien, sondern auch andere Vorgaben, die dazu beitragen sollen, dass das eigene Geld die Welt nicht schlechter macht, um es einmal so plakativ auszudrücken. Laut Verbraucherzentrale Bremen (Daten von 2017) wollen 75 % das Geld ihrer Altersvorsorgeprodukte nicht für die Rüstungsindustrie hergeben. Auch der norwegische Ölfonds hat sich ethische Richtlinien gegeben, die unter anderem Profit mit Nuklearwaffen ausschließen. Dazu gehören auch Hersteller, die Produkte anbieten, die für die Atomwaffennutzung gedacht sind. Damit boykottiert der Fonds unter anderem die Flugzeughersteller Airbus und Boeing (Details sowie andere Unternehmensnamen auf der schwarzen Liste bei NBIM).

Die Nichtregierungsorganisation PAX hat gerade ihren jährlichen „Don’t Bank on the Bomb“ herausgebracht, indem analysiert wird, wie Investoren mit  Nuklearwaffen Geld verdienen. Während etliche Banken Kritik einstecken müssen, wird der norwegische Ölfonds lobend erwähnt. Eben weil er nicht nur die Atombombenhersteller selber, sondern ebenfalls verbundene Produzenten ausschließe (so erst kürzlich).

Blick auf den Osloer Hafen mit den Rathaustürmen. (Foto: Bomsdorf)
Blick auf den Osloer Hafen mit den Rathaustürmen. (Foto: Bomsdorf)

Den Bericht publiziert PAX übrigens nicht alleine, sondern zusammen mit ICAN (International Campaign to Abolish Nuclear weapons). Der Name kommt bekannt vor? Kein Wunder, ICAN hat 2017 den Friedensnobelpreis erhalten – in der norwegischen Hauptstadt Oslo.

Als Privatinvestor können Sie ebenfalls versuchen, Ihr Geld Waffenproduzenten zu entziehen. Das geht, indem Sie keine Aktien dieser Unternehmen kaufen. Wenn Sie mit ETFs investieren, müssen Sie ganz einfach darauf achten, die Varianten zu kaufen, die auf ethische Versionen von Indizes setzen. Der Indexanbieter MSCI, auf den sich viele ETFs beziehen, kennzeichnet diese mit dem Kürzel SRI.

Sind Sie neugierig geworden, was es noch so für Möglichkeiten gibt, nachhaltig zu investieren, wie es die Norweger machen? Mehr erfahren Sie in meinem Buch, das am 12. April bei Campus erscheint. Bleiben Sie auf dem Laufenden, indem Sie hier meinen Newsletter abonnieren.

Ivar 50, Ingvar 91 (†)


IKEA Teelichte (Foto: Bomsdorf)
IKEA Teelichte (Foto: Bomsdorf)

Vorgestern noch ging ich durch eine der riesigen IKEA-Hallen und hörte aus den Lautsprechern, dass das Regal Ivar 50 Jahre alt werde. Natürlich bot „das unmögliche Möbelhaus“ auf das ohnehin schon preiswerte hölzerne Modulmöbel aus Anlass des Geburtstages nochmal Extrarabat.

Heute nun ist vermeldet worden, dass Ingvar Kamprad, der Gründer und bis zuletzt Aushängeschild der aus Südschweden stammenden Ladenkette gestorben ist. 91 Jahre wurde er alt. Über einen bevorstehenden Generationenwechsel schrieb ich schon vor gut fünf Jahren für die Financial Times Deutschland:

„IKEA-Gründer Ingvar Kamprad ist immer für Schlagzeilen gut. Derzeit hält er die schwedische Wirtschaftspresse mit Geschichten über seinen angeblichen Rückzug aus dem Imperium der unmöglichen Möbelhäuser in Atem. Die Zeitung Expressen hat gestern berichtet, dass der Unternehmensgründer sich mit nunmehr 86 Jahren aufs Altenteil zurückziehen wolle. Stattdessen sollten seine drei Söhne die Verantwortung im Konzern übernehmen. „Den Generationswechsel wird man natürlich merken können. Ingvar wird nicht länger dabei sein und seine Ansichten äußern, Rat und Unterstützung leisten, wie er es immer getan hat“, zitiert das Blatt Göran Grosskopf, den Aufsichtratschef der IKEA-Muttergesellschaft Ingka. Das klingt schon sehr nach Trauerrede auf einer Beerdigung. Entsprechend groß war die Aufregung in Schweden als der Artikel erschien.

Doch kaum waren diese Zitate in die schwedische Welt posaunt worden, machte der Konzern wieder einen Rückzieher. Das sei aus dem Zusammenhang gerissen und falsch verstanden worden, hieß es nun. „Ich muss unterstreichen, dass keine Veränderung ansteht“, so eine Sprecherin gegenüber di.se, der Online-Ausgabe von Schwedens Wirtschaftszeitung „Dagens Industri“. Auch Grosskopf machte einen Rückzieher. Dabei hat Expressen sich auch auf eine offizielle IKEA-Publikation bezogen. In der kommenden Nummer der Mitarbeiterzeitung nämlich würden die drei Söhne als neue Machthaber eingeführt. Tatsächlich heißt es darin wohl, dass Kamprad in Zukunft „eine etwas weniger aktive Rolle“ spielen wolle. Offiziell wird er derzeit als Senioratgeber geführt. Das kann alles oder nichts heißen, schließlich ist Seniorratgeber sowohl für den wahren Machthaber im Hintergrund eine gute Dienstbezeichnung als auch für den Machtlosen, der noch einen gut klingenden Titel braucht. Jedenfalls solle Kamprad Seniorratgeber bleiben, heißt es IKEA. Auch dort ist diese Position recht unklar definiert und weil IKEA als nicht notiertes Privatunternehmen nur wenigen Publikationspflichten unterliegt, ist ohnehin unklar, wie der Konzern genau aufgebaut ist und wer wo das Sagen hat.

Ebenfalls gestern ging der Konzern dann noch an die Presse und sagte, das im kommenden Jahr der seit 2009 amtierende Vorstandschef Mikael Ohlsson ausgetauscht werden solle. Der Schweden-Chef Peter Agnefjal werde übernehmen, sonst bleibe alles beim alten.

Auch wenn Kamprad drei Söhne und zahlreiche hohe Manager hat, ist er immer derjenige, der das Unternehmen nach Außen repräsentiert und auch für die Unternehmenskultur steht. Auch im hohen Alter lässt Kamprad es sich nicht nehmen bei Warenhauseröffnungen oder anderen Veranstaltungen dabei zu sein. Von den überwiegend jungen Mitarbeitern vor Ort, die die Möbel verkaufen, wird er dann gefeiert wie eine Mischung aus Großvater und Oberhaupt einer Sekte.

Dieses Gebahren lässt dann auch eine Vermutung zu: Kamprad wird abtreten und das ist beschlossene Sache, aber dies zu verkünden, dass wird er nicht seinem Aufsichtsratsvorsitzenden oder irgendeinem anderen überlassen. Nein, Kamprad, der eine Art Steve Jobs der Möbelbranche ist, wird seinen Rückzug selber bekannt geben. Alles andere ziemt sich nicht für jemanden, dessen Kultstatus es mit dem eines alternden Rockstars aufnehmen kann.“

Cevian revisited


KOPENHAGEN. Ziemlich genau auf den Tag zwölf Jahre ist es her, dass mein Interview mit dem schwedischen Investor Christer Gardell in der Financial Times Deutschland (FTD) erschien. Seither haben er und sein Fonds Cevian Capital in Europa immer wieder für Furore gesorgt – auch weil längst eingetreten ist, was Gardell vor über zehn Jahren noch für ziemlich unwahrscheinlich hielt: Cevian ist in Deutschland aktiv geworden, wobei aktiv hier auch für aktivistisch steht, denn ein solcher Fonds ist Cevian Capital. Im Dezember 2017 schrieb ich erneut über Cevian – diesmal für ein aktuelles Unternehmensporträt für Die Zeit (das Stück ist online hier zu lesen).

Als Rückblick hier auch nochmal mein Stück aus der FTD vom 6. Januar 2006 (wenn da noch der ein oder andere Umlaut fehlt – die hat das Archiv gefressen):

Firmenjäger Gardell warnt Börsen

Schwedischer Großanleger sieht Stellung der europäischen Aktienmärkte durch Private Equity bedroht – FTD-Interview

Clemens Bomsdorf, Stockholm

Der schwedische Firmenjäger Christer Gardell sagt Europas Börsen einen massiven Bedeutungsverlust voraus. „Die attraktiven Deals finden zunehmend zwischen Private-Equity-Gesellschaften statt. Wenn dieser Trend nicht umgedreht wird, sind die Börsen bedroht“, sagte Gardell der FTD. Es bestehe die Gefahr, dass künftig nur noch Aktien zweitrangiger Unternehmen gehandelt werden.

Der Schwede ist einer der einflussreichsten Nordeuropäischen Investoren. Er steht hinter der Investmentgesellschaft Cevian Capital und ist Vertrauter des US-Großinvestors Carl Icahn. Icahn hat schwedischen Medien zufolge mehr als 100 Mio. € in Gardells Fonds investiert. Gardell ist ein aktiver Aktionr wie die Private-Equity-Fonds, kauft aber meist Anteile an börsennotierten Werten und setzt auf Kurssteigerungen.

Über Cevian steigt Gardell mit 5 bis 20 Prozent bei Unternehmen ein, die er für unterbewertet hält. Als so genannter Firmenjger meint er, durch einen Wechsel von Strategie, Eignern oder Management oder den Verkauf einzelner Unternehmensteile den Wert einer Firma beträchtlich steigern zu knnen. Diese Manßahmen versucht er durchzusetzen, indem er sein Stimmrecht nutzt und andere Investoren ebenfalls auf seine Seite zieht.

Die Private-Equity-Gesellschaften würden die attraktiven Unternehmen mit hohem Cashflow von der Börse nehmen und dann untereinander handeln, fürchtet Gardell. „An den Börsen wird es dann vor allem die riskanteren Unternehmen mit Ideen, aber wenig Cashflow geben.“ Er wies aber gleichzeitig darauf hin, dass die zunehmende Bedeutung der Private-Equity-Branche für die Wirtschaft förderlich sei.

Cevian hält derzeit unter anderem Anteile am Finanzkonzern Skandia sowie der Textilkette Lindex aus Schweden, dem finnischen Maschinenbauer Metso und der norwegischen IT-Firma Visma. 2005 hat der Fonds mit seinen Engagements eine Rendite von rund 90 Prozent erwirtschaftet. Das Volumen beträgt 650 Mio. €. Anfang 2006 wird diese Summe komplett investiert sein. Dann will Gardell einen neuen, größeren Fonds mit einem Volumen von mindestens 1 Mrd. € auflegen, an dem sich auch wieder Icahn beteiligen wird. „Wir werden dann auch verstärkt bei größeren Unternehmen einsteigen“, kündigte Gardell an.

Wie gehabt bleiben dabei die nordischen Länder der Anlageschwerpunkt. „Vom Corporate-Governance-Aspekt her ist Nordeuropa sehr attraktiv, weil aktionärsfreundlich“, sagte Gardell. In Nordeuropa ist er derzeit lediglich in Island und Dänemark nicht investiert. „Wir würden in Dänemark gern ein Investment machen und gucken uns das Land sehr genau an“, sagte Gardell. Daneben schaue Cevian Capital sich jedoch auch andere europäische Länder an. Am wahrscheinlichsten sei ein Einstieg in Großbritannien oder der Schweiz, sagte der Großanleger.

Investitionen in Deutschland will Gardell nicht ausschließen, hält sie aber für weniger wahrscheinlich. „Kleine Aktionäre haben dort üblicherweise relativ wenig Einfluss. Allerdings hat der Fall Deutsche Börse das Gegenteil bewiesen“, sagte er. Dennoch sei es in Deutschland in der Regel schwerer, das Management oder den Aufsichtsrat auszutauschen. Allerdings bekomme er jede Menge Anfragen von deutschen Investoren, so Gardell.

Üblicherweise steigt der Fonds Cevian Capital mit Minderheitsbeteiligungen ein und versucht mit der Unterstützung anderer Investoren, einen Platz im Aufsichtsrat zu bekommen, um die Unternehmenspolitik aktiv beeinflussen zu können. Wenn Gardell bei einer Firma in Nordeuropa einsteigt, ist das für ausländische Investoren ein Signal, ebenfalls Aktien zu kaufen. So stieg der Anteil ausländischer Anteilseigner bei der schwedischen Textilkette Lindex nach seinem Einstieg von unter 10 auf gut 50 Prozent. „Es ist wichtig, Unterstützung von anderen zu bekommen. Wir haben exzellente Beziehungen zu einer Reihe globaler Investoren“, so der Schwede.

Mit diesen kooperierte er auch beim Kampf um Skandia. Gardell ist einer der zwei Skandia-Aufsichtsräte, die sich für eine Übernahme durch die südafrikanische Old Mutual ausgesprochen haben. Der Schwede gab zu verstehen, dass er nach der geplanten Übernahme in den Aufsichtsrat von Old Mutual wechseln wolle. Cevian wird dann rund ein Prozent an Old Mutual halten. Die Frist für das Angebot zur Übernahme von Skandia läuft Mitte des Monats aus, bisher haben rund 60 Prozent der Aktionäre zugestimmt. Mindestens zwei Fonds haben dem Vernehmen nach ihre Zustimmung aber wieder zurückgezogen. Sollte die Übernahme scheitern, will Gardell dennoch in Skandia investiert bleiben.

FTD 20160106 S.17

Die sklerosekranke Marathonmarathonfrau


Fredskov lagert ihre vielen hundert Medaillen normalerweise in einer schnöden Kiste im Schuppen. Hier liegen sie auf dem Fußboden ihrer Küche. (Foto: Bomsdorf)
Fredskov lagert ihre vielen hundert Medaillen normalerweise in einer schnöden Kiste im Schuppen. Hier liegen sie auf dem Fußboden ihrer Küche. (Foto: Bomsdorf)

BERLIN. Annette Fredskov ist für mich die Marathonmarathonfrau. Denn sie lief einen Marathon an Marathons. Das dürfte einmalig sein: 366 Marathons in 365 Tagen. Über ein Jahr lang lief die Dänin jeden Tag einen Marathon. Und am letzten Tag sogar zwei. Dem Klischee nach hat sie diese selbstgestellte Herausforderung nur mit eiserner Disziplin meistern können. Doch es war viel mehr Spaß dabei und die Kraft, die Sie aus den vielen Läufen zog, die Fredskov dazu brachte ein Jahr durchzuhalten. Nicht nur sich, auch anderen hat sie damit etwas bewiesen. Denn Fredskov hat die Diagnose Multiple Sklerose und wollte solange sie kann diese weltbekannte Strecke laufen. Zur mentalen und körperlichen Energie, die sie dadurch bekommen hat, versucht sie nun anderen zu verhelfen, indem sie in Vorträgen erzählt, wie sie diese Leistung vollbracht hat. Gemeinsam mit dem Fotografen Simon Skreddernes habe ich Fredskov im Sommer in Dänemark besucht. Mein Porträt der Marathonmarathonläuferin ist soeben im Magazin Credo erschienen und kann hier gelesen werden, die Slideshow dazu mit Auszügen aus den Gesprächen mit Fredskov gibt es hier.

Frauke Petrys Blaue Zukunft gibt es schon – in Finnland


Farbenspiele im winterlichen Helsinki (Foto: Bomsdorf)
Farbenspiele im winterlichen Helsinki (Foto: Bomsdorf)

BERLIN. Frauke Petry verlässt die AfD und gründet angeblich eine neue Partei mit „blau“ im Namen. Schon ihr Vorwurf an die neuen Chefs (wenn man Gauland, Weidel so bezeichnen mag), dass sie ihr zu rechts geworden seien, erinnert sehr an Finnland. Nun also auch der Name.

In Finnland wählten die Wahren Finnen (auch Basisfinnen genannt) mit Jussi Halla-aho im Juni 2017 einen neuen Parteivorsitzenden, der seinem Vorgänger, Außenminister Timo Soini, zu rechts wahr und zwar so viel, dass er die Partei verließ und damit die Regierung rettete. Soini hat dann die Blaue Zukunft gegründet. Die Abspaltung ist in gewisser Weise mit der von Petry zu vergleichen, einmal war es der frühere Vorsitzende, der in der Regierung war, einmal die amtierende Vorsitzende, die samt ihrer Partei erstmals in das nationale Parlament kam.

Der Blauen Zukunft werden weniger als 2% der Wählerstimmen vorausgesagt während sich die Wahren Finnen noch bei mehr als 10% halten. Womöglich wird Petrys Neugründung auch dieses Schicksal blühen. Einen Artikel von mir zu Dänischen Alternativen für Deutschland gibt es hier.

Dänische Alternativen für Deutschland


Rechte Sprüche bei den Sozialdemokraten - Dänisches Wahlplakat 2015. (Foto: Bomsdorf)
Rechte Sprüche bei den Sozialdemokraten – Dänisches Wahlplakat 2015. (Foto: Bomsdorf)

BERLIN. Rechtspopulistische Parteien sind keine Neuheit in nationalen Parlamenten. In Dänemark sitzt die Dansk Folkepartei (DF), die Dänische Volkspartei, schon seit fast 20 Jahren im Folketinget.

Das muss man erstmal schaffen: Parteigründung 1995, erstmals ins Parlament eingezogen 1998 – und in der Opposition de facto Regierungsmacht 2001 bis 2011 sowie seit 2015. Die Dänische Volkspartei ist seit langem ein bedeutender Faktor in der dänischen Politik – sehr zum Schaden vor allem der Sozialdemokraten. „Die DF hat ihnen Themen weggenommen. Seit sie aber bereit sind, auch strammere Integrations- und Flüchtlingspolitik zu diskutieren, stabilisiert sich die Lage der Sozialdemokraten“, urteilt Kasper Hansen, Professor für Politikwissenschaft an der Uni Kopenhagen.

Die DF ist auch so stark geworden, weil die klassischen Parteien lange nicht über Herausforderungen der Migration reden wollten und es versäumt haben, ihre eigenen Lösungsvorschläge zu präsentieren. Nun treibt die Partei Sozialdemokraten wie Konservative vor sich her.

Aus dem Erfolg der Rechten in Dänemark kann gelernt werden. Vor allem, dass Wähler nicht technokratisch von oben herab behandelt werden wollen, dass sie und nicht nur die Politik Agenda setting betreiben wollen und dass es nicht viel nutzt, irgendwann auf einmal die harte Linie der Rechten quasi zu kopieren. Was der langanhaltende und fast stetig größer werdende Erfolg der Dänischen Volkspartei über den Umgang mit der AfD und deren Wählerpotenzial lehren kann, habe ich in einem längeren Beitrag für „Internationale Politik und Gesellschaft“ erläutert. Online hier zu lesen. Ein früherer Blogbeitrag zum Thema mit einem Hinweis auf einen Artikel von mir in der Internationalen Politik steht hier, ein weiterer hier.

Norway: One Trillion


Ein Mercedes für alle Norweger? Im Ölfonds wäre mehr als genug Geld dafür. (Foto: Bomsdorf)
Ein Mercedes für alle Norweger? Im Ölfonds wäre mehr als genug Geld dafür. (Foto: Bomsdorf)

BERLIN. Eine Billion US-Dollar, diesen auch in Ziffern geschrieben (1.000.000.000.000) schier unvorstellbar hohen Betrag erreichte der norwegische Ölfonds gestern, am 19. September 2017. In das Investmentvehikel des norwegischen Staates fließen seit rund 20 Jahren die Einnahmen aus dem Geschäft mit Öl- und Gas des nordeuropäischen Staates. Nunmehr sind es pro Kopf der Bevölkerung rund 190 000 US Dollar (bei 5,28 Millionen Einwohnern laut Statistikbehörde SSB, Stand: 30. Juni 2017).

Das liegt am stetigen und wohl durchdachten Investieren der Norweger, aber auch daran, dass die US Währung in letzter Zeit so schwach ist. Damit ist das international in Aktien, Anleihen und Immobilien investierte Geld in Dollar gerechnet mehr wert als wenn die Währung stärker wäre.

Der Fonds berechnet die Performance normalerweise aber in einem Währungskorb und das Volumen wird üblicherweise in Norwegischen Kronen angegeben – schließlich ist das Geld für die norwegischen Bürger angelegt. Zum Halbjahresbericht gab der Fonds erst im August bekannt, dass seit Auflage eine jährliche durchschnittliche Rendite von 5,9% erzielt worden sei. Da würde sich so mancher Sparer ziemlich drüber freuen.

Über die Jahre habe ich mehrere Manager des nunmehr Billionen schweren Fonds informiert und Dutzende von Artikeln darüber geschrieben. Eine Auswahl: