Chefredaktørens Neujahrsansprache


KOPENHAGEN. Die Szenerie vor dem Fenster erinnert an eine
moderne Adaption von Brueghels Winterlandschaften (d.J. oder
d.Ä. je nach Wahl), um 18 Uhr wird die Neujahrsansprache der
dänischen Königin im Fernsehen übertragen, eine Stunde danach die
der deutschen Kanzlerin.

Tøger Seidenfaden bei seiner Neujahrsansprache 2010 (leider<br />
schaffte er es bei jedem Screenshot die Zähne zu zeigen).
Tøger Seidenfaden bei
seiner Neujahrsansprache 2010 (leider schaffte er es bei jedem
Screenshot die Zähne zu zeigen).

An Selbst- und
Sendungsbewusstsein nicht arm, lässt auch Tøger Seidenfaden es sich nicht
nehmen, eine eigene Neujahrsansprache zu halten und das vor den
anderen. Der Chefredakteur der linksliberalen Zeitung Politiken
erzählt darin vom Rekordresultat seines Blattes (wie Merkel die
Überwindung der Krise den Bürgern mitzuschreibt, so dankt
Seidenfaden den loyalen Lesern), lobt Obama und kritisiert –
natürlich – die amtierende liberal-konservative Regierung. Das alles hier. Seidenfaden macht eine
gute Zeitung, keine Frage. Gleichzeitig bin ich froh, nebenher die
deutschen Blätter lesen zu können, denn wirklich feuilletonistische
Debatte beispielsweise wird in Dänemark leider kaum geführt. Der
Wirtschaftsteil von Politiken ist auch mit der noch recht frischen
Kooperation mit der Financial Times sehr dürftig und über den
Reiseteil wollen wir gar nicht erst sprechen. In Wirtschaftsdingen
ist die Berichterstattung in anderen dänischen Medien umfangreicher
als bei Politiken, die anderen Ressorts nehmen sich nicht viel. Im
Kulturressort müssen sich die anderen Blätter m.E. geschlagen
geben. Gleichzeitig werden bei Politiken und im Norden generell in
Sachen Fotojournalistik und Layout sowie oftmals in interessant
aufgemachter innenpolitischer Berichterstattung Massstäbe gesetzt.
Aber das soll ja jetzt keine Neujahrsansprache werden. Guten
Rutsch!